Auf der Zielgeraden

Rainer Ziplinsky Gründer von ZIPPEL’S Läuferwelt ist mit 70 Jahren noch einmal einen Marathon gelaufen. Er hatte ein hohes Ziel, nach einigen gesundheitlichen Unterbrechungen des Trainings war er dennoch fest entschlossen in Hamburg anzutreten. In diesem Blog berichtet er über seine Vorbereitung, seine Ziele und von den Höhen und Tiefen, dass das Lauftraining mit sich bringt.

Datum Strecke Pace Herzfrequenz Anstieg
18.04. 7,9 km 5:36 min 120  
19.04. Laufpause      
20.04. 6,5 km 5:28 min 112  
21.04. 5,8 km 5:28 min 114  
22.04. 5,1 km 5:32 min 114  
23.04. Laufpause      
24.04. 42,2 km 5:17 min 138  

Nach einundfünfzig Vorbereitungswochen ist am heutigen Sonntag nun der lang ersehnte Tag des Marathons. Endlich wird es ein Ergebnis geben und ich werde mich für meine vielen Laufkilometer und die dafür aufgewendete Zeit belohnen. Endlich wird sich die Anspannung, wie schnell ich laufen werde oder ob ich das Ziel überhaupt erreiche, aufklären. Die letzten zehn-elf Wochen liefen nicht optimal und haben bei mir doch eine große Unsicherheit ausgelöst. Nur drei Läufe in zwei Stunden habe ich seit Jahresbeginn absolviert und im Februar musste ich aufgrund meiner Oberschenkelprobleme fast komplett mit dem Laufen aussetzen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eine Teilnahme am Hamburg-Marathon schon abgeschrieben. Durch die Behandlung des Osteopathen Dirk Werner bin ich dann glücklicherweise, aber doch schneller wieder genesen als erwartet und ich entschloss mich nun doch für einen Start beim Hamburg-Marathon. Aufgrund meiner vollmundigen Ansage, diesen Marathon in 3:30 Stunden laufen zu wollen, fühlte ich mich aber in der Pflicht und wollte nicht kneifen, wollte aber auch endlich wissen, was ich zu laufen fähig bin. Innerlich hatte ich mich zwischenzeitlich schon von meinem eigentlichen Ziel verabschiedet.

Es gehen mir noch derart viele Gedanken um das Thema Marathon laufen und die damit verbundene Vorbereitung durch den Kopf, dass ich entschieden habe, mich in dem heutigen Blog-Beitrag nur auf den Wettkampf zu beschränken. Es werden danach vermutlich noch zwei, drei weitere Blog-Beiträge erscheinen, die sich abschließend noch einmal mit meiner Vorbereitungszeit und den damit verbundenen Erkenntnissen beschäftigen. Nach einem kleinen Abstand zum Hamburg-Marathon denke ich auch über einen Ausblick auf meine mögliche läuferische Zukunft nach.

Gegen 7:30 Uhr erreiche ich am Sonntag den Start-Ziel-Bereich in Hamburg. Es ist bestes Wetter, aber mit acht bis neun Grad auch kühl. Ich hatte mich aufgrund der Temperatur dazu entschieden, in einem T-Shirt und einer dazugehörigen Lauf-Shorts von Kossmann zu laufen. Nach einigem Hin- und Her bin ich dann doch bei meiner Entscheidung geblieben, mit dem Carbon X 3 von Hoka zu starten. Kurz nach mir treffen meine Mitarbeiter, die mich als Staffel begleiten wollen, auch ein. So verbringen wir die Zeit bis zum Start gemeinsam, haben Spaß, philosophieren übers Laufen und Lenken uns gegenseitig ab. Dann ist es endlich so weit, wir verabschieden uns in die verschiedenen Startzonen und wünschen uns gegenseitig viel Glück. Ich bin für den Block D eingeteilt. Warm gelaufen habe ich mich nicht, ein wesentlicher Unterschied zu früher. Ich verbringe frierend die letzten Minuten vor dem Start. Es ist schattig und es weht ein frischer Ostwind.

Dann geht es los! Ich benötige bis zur Startlinie 1:13 Minuten durchaus akzeptabel. Ich versuche langsam loszulaufen und meinen Rhythmus zu finden. Den ersten Kilometer erreiche ich in 5:18, den zweiten in 4:59 und den dritten in 5:21. Ab dem vierten Kilometer laufe ich dann endlich konstant, 5:05 bis 5:08. Da war er mein Rhythmus! Trotzdem hatte ich zu diesem Zeitpunkt leichte Probleme, meine Garmin 945 zeigte eine Herzfrequenz von 150 bis 160 an. Das war zu hoch und ich machte mir Sorgen, habe ich doch von Zeit zu Zeit mit Herzrhythmusstörungen zu tun. Kurzfristig dachte ich sogar ans Aufhören! Aber ich lief weiter und nach etwa zwanzig Minuten pendelte sich meine Herzfrequenz um die 140 Schläge ein. Das war immer noch hoch, aber mir ging es gut! Später, nach drei Stunden oder 34 Kilometer schlug mein Herz 130-mal die Minute. Schon ungewöhnlich. So lief ich Kilometer für Kilometer, an der zehner Marke hatte ich 51:49 Minuten. Es ging mir gut! Im Tunnel zwischen vierzehn und fünfzehn Kilometer überholte ich meinen Mitarbeiter Gregor, der die erste Etappe der Staffel lief. Bei sechzehn Kilometer warteten meine Frau und mein Sohn auf mich.

Danach konzentrierte ich mich auf die Halbmarathonmarke, die ich dann nach 1:49:49 erreichte. Das bedeutete für mich persönliche Bestzeit. Vor drei Jahren bin ich in Berlin bei meinem ersten und einzigen Halbmarathon 1:51:00 gelaufen. Rechnerisch würde ich bei gleichmäßigem Durchlaufen nun eine Zeit von 3:40 erreichen können. Ich stellte mir die Frage, wie viel langsamer werde ich die zweite Hälfte wohl laufen? Ich konnte es zu diesem Zeitpunkt absolut nicht einschätzen. Aber mir war klar, das Tempo werde ich nicht weitere einundzwanzig Kilometer halten können. Zumal ich jetzt erste Anzeichen von Schwäche spüre. Nun konzentrierte ich mich auf die 25 Kilometer, meine frühere Lieblingsdistanz. Ich erreichte diese Marke bei 2:10:44 Stunden.  Meine Gedanken schweiften in die Vergangenheit und ich stellte nüchtern fest, dass meine Bestzeit für diese Strecke bei 1:18:24 steht und ich fast eine Stunde länger benötigt habe. Das Alter geht halt nicht spurlos an mir vorüber, auch wenn ich es manchmal denke. Kurze Zeit später überholte mich Sebastian, der zweite Läufer der Zippel’s Staffel. Er raunte mir zu, sieht gut aus und ich antwortete, ich bin kaputt, gebe mir aber Mühe! Und weiter ging es. Bei Kilometer 30 warteten noch einmal meine Frau und mein Sohn auf mich. Es war vorher so verabredet und es gab mir die erforderliche Motivation. Ich war nun doch schon ordentlich erschöpft und konnte jede Unterstützung gebrauchen.

Die 30-Kilometer-Marke erreichte ich nach 2:37:13. Beim Multiplizieren meiner 10 Kilometer Durchgangszeit hätte ich diese Marke nach 2:35:30 erreichen sollen. So habe ich die zweiten 10 km in 52:11 und die dritten 10 km in 53:13 zurückgelegt. Damit war ich sehr zufrieden. Nun galt meine ganze Konzentration der 35 Kilometer Marke, die ich tatsächlich in 3:04:18 erreichte. Obwohl mir das Laufen jetzt mit jedem Schritt schwerer fiel, wurde mir zu diesem Zeitpunkt klar, dass ich das Ziel erreichen würde. So lief ich nach weiteren fünf Kilometern, ich benötigte 27:52 Minuten über die Zeitmessmatte der 40-km-Marke. Bei Kilometer neununddreißig überholte mich dann doch noch einmal die Zippel's Staffel mit ihrem Schlussläufer Henning.

Er nahm mir auf den letzten drei Kilometern tatsächlich noch vier Minuten ab! Der dritte Zippel's Staffel Läufer war der Vollständigkeit halber Andreas, den ich aber auf der Strecke nicht gesehen habe. Nun legte ich noch die letzten zwei Kilometer in 5:29 und 5:34 Minuten zurück und war glücklich, aber auch froh, das Ziel nach 42,195 Kilometern in 3:44:22 Stunden erreicht zu haben. Die zweite Hälfte lief ich somit in 1:54:44 Stunden.
 

Ein kurzes Fazit: Ich habe mein ursprüngliches Ziel eindeutig verfehlt, freue mich aber trotzdem riesig, gestartet und ins Ziel gekommen zu sein.

Ich hatte ja schon die Idee ins Auge gefasst, in Hamburg nicht zu starten und stattdessen einen Herbstmarathon zu laufen. Aber so ist es zigfach besser und befriedigender!

Wochenkilometer: 67,5 km

Insgesamt: 2.828,4 km

Auf Instagram und Strava könnt ihr noch mehr über meine Marathonvorbereitung erfahren.

 

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Comments

  • Herzlichen Glückwunsch Rainer.
    Nun freue ich mich auf ein Wiedersehen beim LzdM.
    Holger Team 1001 Strecken

    Posted vor 3 Jahre by Holger März
  • Glückwunsch ! Platz 1 in deiner AL

    Posted vor 3 Jahre by Herzlichen Glückwunsch !

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