Das schlechte Gewissen und doch Zuversicht

Noch 231 Tage bis Rainer Ziplinsky, Gründer von ZIPPEL’S Läuferwelt noch einmal einen Marathon laufen will. Und das mit 70 Jahren! Er hat sich hohe Ziele gesetzt und ist fest entschlossen, die 42,195 Kilometer in unter 3:30 Stunden zu schaffen. In diesem Blog berichtet er über seine Vorbereitung, seine Ziele und von den Höhen und Tiefen, die das Lauftraining mit sich bringt.

In der 18. Trainingswoche bin ich leider nur vier Tage gelaufen. Ich hatte mir eigentlich sechzig Wochenkilometer vorgenommen und der Sonntag sollte mein fünfter Trainingstag werden. Noch ist die Segelsaison nicht beendet und wir sind am Sonnabend Richtung Norden aufgebrochen. Leider schlief der ohnehin nicht starke Wind in Höhe Damp ein und wir sind in den dortigen Yachthafen eingelaufen. Wohlwissend, dass der Wind am Abend stark aufbrisen und auf Ost drehen sollte, haben wir trotzdem in dem Gästebereich festgemacht. Bei Ostwind liegt man dort bekanntermaßen sehr unruhig, da die Wellen ungeschützt in den Hafen laufen.

Entgegen sonstiger Windvorhersagen trafen die Angaben diesmal exakt zu. Die ganze Nacht schaukelte das Boot hoch und runter und die Leinen quietschten entsetzlich. Mit anderen Worten, es war eine unruhige Nacht mit wenig Schlaf. Ich hatte mich eigentlich auf eine schöne Laufstrecke in Richtung Schönhagen am Sonntagmorgen gefreut. Aber nach der Nacht fiel es mir schwer aufzustehen, geschweige denn zu laufen. Also änderten wir unseren Plan. Wir wollten nun relativ zügig nach Strande zurücksegeln und ich dann dort laufen. Der Wind blies immer noch mit gut fünf Windstärken oder zehn Metern pro Sekunde aus Ost und zwischenzeitlich hatte sich eine beachtliche See aufgebaut. Die Rücktour war bei diesen Verhältnissen, trotz eines gewissen Spaßfaktors, durchaus anstrengend. Bei starker Schräglage muss ich mich mit den Oberschenkeln kräftig abdrücken, was zu einer spürbaren Belastung führt. Nachdem wir mehreren Regattafeldern der Kieler Woche ausweichen mussten, waren wir nach knapp drei Stunden wieder sicher in unserem Heimathafen gelandet. Durch die beschriebene Belastung konnte ich dann doch nicht sofort laufen.

Zusätzlich war ich auch noch etwas unter Zeitdruck, da ich um 16:45 Uhr im Haus des Sports zur Scheckübergabe sein sollte. Im Rahmen des Tags des Sports fand bekanntlich der Charity Heimlauf, zugunsten der Initiative „Kein Kind ohne Sport“ statt. Und die erlaufene Spendensumme sollte mit diesem Scheck übergeben werden. Wir sind dann in unsere Wohnung nach Kiel gefahren und ich plante noch, von dort eine zehn Kilometer Runde zu laufen. Aber irgendwie fühlte ich mich dann doch nicht in der Lage zu laufen. Ja, so ist das manchmal. Ich weiß nicht, wie es anderen Läuferinnen und Läufern geht, aber ich habe in solchen Momenten ein „schlechtes Gewissen“, bekomme schlechte Laune und habe das Gefühl, versagt zu haben. Dabei lief die bisherige Woche eigentlich sehr gut und ich war zufrieden mit mir und meiner Entwicklung. Die ersten beiden Wochentage bin ich dreizehn und zehn Kilometer gelaufen. Nach einem Ruhetag am Mittwoch habe ich am Donnerstag wieder am Kiel.Lauf.Treff teilgenommen und mich einer Laufgruppe angeschlossen, die pro Kilometer sechs Minuten angepeilt hat. Schon die ersten Kilometer waren dann zu schnell, wurden aber noch ziemlich konstant in 5:40 Minuten zurückgelegt. Ab dem siebten Kilometer wurde es dann aber immer schneller und die letzten Kilometer wurden deutlich unter 5:00 Minuten gelaufen. Ehrlicherweise war ich selbst überrascht wie leicht mir dieses Tempo fiel. Es waren seit Monaten meine schnellsten Kilometer und ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet, so schnell laufen zu können. Ich muss dazu allerdings auch noch einmal sagen, dass es nicht in Ordnung ist, eine Pace von 6:00 Minuten anzukündigen und am Ende mit einer Geschwindigkeit von deutlich unter fünf Minuten zu laufen. Nach einem zweiten geplanten Ruhetag am Freitag bin ich dann am Sonnabendmorgen allein zwölf Kilometer von Strande zum Friedrichsorter Leuchtturm und wieder zurückgelaufen. Ähnlich wie am Donnerstag, bin ich dieses Mal die letzten zwei Kilometer mit jeweils etwa 4:40 Minuten auch wieder schneller gelaufen. Diesmal jedoch selbst bestimmt. Auch jetzt fiel mir die höhere Geschwindigkeit wieder leicht. Mein Fazit der vergangenen Woche ist es nun, dass mein Training scheinbar langsam anschlägt und meine Leistungsfähigkeit stetig zunimmt. Vor einigen Wochen war es für mich noch völlig undenkbar unter fünf Minuten pro Kilometer zu laufen. Diese Tatsache stimmt mich weiterhin sehr zuversichtlich und ich kann an meiner Planung festhalten. Zu Beginn meiner Vorbereitung hatte ich geschrieben, dass ich bis zum Jahreswechsel eine Wochenleistung von 80 Km erreichen möchte, um dann im neuen Jahr noch einmal auf 100 bis 120 Kilometer zu steigern. Was selbst für mich damals noch etwas utopisch erschien, rückt jetzt aber doch in Sichtweite, auch wenn die zeitliche Koordination mir zur Zeit noch etwas Probleme bereitet.

Wochenkilometer: 50,5 km

Kilometer insgesamt: 873 km

Auf Instagram und Strava könnt ihr noch mehr über meine Marathonvorbereitung erfahren.

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